Es ist August und wir haben Sommerferien. Die Mädels haben das letzte Schuljahr gut gerockt und freuen sich auf ganz viel unverplante Zeit, lange schlafen, noch länger wachbleiben und dazwischen all das tun, was die letzten Wochen zu kurz gekommen ist.
Auch ich genieße die Zeit ohne dass der Wecker einen unsanft aus den aus den Träumen reißt.
Das war es dann aber auch schon, denn Ferien und insbesondere die Sommerferien verlangen mir Monkinchen ganz schön viel ab.
Nicht umsonst bin ich die Alltagsfeierin, denn das kann ich einfach am besten: den Alltag, der schön strukturiert und klar gegliedert ist, feiern.
In den Ferien wird das alles einfach mal auf null gedreht und ich darf mich damit arrangieren. Also gut, jetzt oute ich mich ;-))): ich bin ein Feriencrasher.
Feriencrasher
Der Grund: Mir fehlt die Zeit nur mit mir und das vor allem zu Hause ganz alleine mit mir. Da mein Haus gleichzeitig auch noch mein Arbeitsplatz ist, führt das dazu, dass es sich noch schwerer zu händeln für mich anfühlt. Auch der Göga zelebriert des Öfteren sein Homeoffice und das unabhängig davon, ob Ferien sind oder nicht.
Ich bin gefühlt NIE (immer, jeder, alle ;-))))))) ja, ich weiß……) allein, denn irgendjemand ist immer auch noch da. Mich belastet das und das trägt dazu bei, dass ich mich immer weiter von meiner eigenen Mitte entferne.
Ist das unvorstellbar für dich oder ganz schwer nachzuvollziehen oder empfindest du das vielleicht sogar ähnlich?
Ganz ehrlich: ich bin da so richtig am Hadern mit mir, denn diese Emotionen entsprechen so gar nicht meiner alltagsfeierlichen Philosophie.
Ich möchte mich nicht von den Vibes anderer beeinflussen lassen und diese auch gut abschirmen können. Das gelingt mir aber einfach nicht. Ich bin da wirklich empfindlich und das zu akzeptieren fällt mir oft schwer.
Früher
Schon als Kind war ich ziemlich viel allein. Auf Grund der Wohnsituation und mangelnder Mobilität waren Freundschaften schwer zu pflegen, so dass ich eigentlich meistens ohne Spielkameraden und Animation klar kommen musste.
Ich denke, das prägt und ist bestimmt auch ein Grund, dass ich gut mit mir allein sein kann.
Ist das jetzt verwerflich? Mitnichten, ich gehe sogar soweit, dass ich es eher verwerflich finde, wenn es mir quasi als Mom nicht gestattet wird, das mal laut auszusprechen.
Als Mom mit kleinen Kindern
Denn worüber wir nicht sprechen, sind die Jahre, in denen wir aus Liebe, Fürsorge und Umsicht unsere Bedürfnisse der Familie unterordnen. Meist über das Maß hinaus, selbstverständlich, unaufgeregt und ohne viele Worte zu machen.
Am Anfang wahrscheinlich noch auf Grund der hormonellen Umstellung (hat die Natur schon fein eingerichtet), später dann aus Gewohnheit und oft landen wir dann in einer Sackgasse, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint.
Die Fremdbestimmung ist schier unendlich und Bedürfnisse, ehm ja – welche Bedürfnisse hatte ich nochmal?
Ich habe erst einen längeren Krankenhausaufenthalt gebraucht, um dort gesagt zu bekommen, dass das okay ist, wenn ich Zeit für mich brauche.
Zu diesem Zeitpunkt gab es in unserem Haus nämlich keinen einzigen Rückzugsort, der nur mir gehörte.
Alles habe ich geteilt und selbstverständlich zu Gunsten meiner Kinder und des Gögas darauf verzichtet.
Sesselhausen
Als die Ärztin mir dann einen Sessel verschrieben hat, hat mein Mann nicht schlecht geguckt, dann aber doch die Notwendigkeit eingesehen und mein Sesselhausen wurde erschaffen.
Kurz darauf folgte mein minikleiner Werkelraum und das hat schon mal richtig gutgetan.
Plötzlich konnte ich mich, wenigstens ein bisschen, zurückziehen und auch das hatte einen großen Anteil an meiner Gesundung.
Inzwischen habe ich mich noch breiter gemacht, denn mein neuer Beruf braucht so einiges und ein Atelier kann ich mir (noch nicht ;-)))) leisten.
Okay, der Raum für mich ist inzwischen geschaffen, doch jetzt stehe ich vor der nächsten Herausforderung: die Achtung meiner Rückzugszonen und damit verbunden die Störungen, die manchmal dem Betrieb auf einem Bahnhof gleichen und auf Unverständnis bei la Familia stören.
Mama ist im Haus (in ihrem Arbeitszimmer ;-)))) = VERFÜGBAR!!!!, so lautet hier die Definition für Pubertinchen und Co.
Papa ist im Haus, in seinem Büro = er arbeitet, stören also nur, wenn es brennt und gut Erdbeben würde auch noch zählen……;-))))))
Warum das so ist, ich habe echt keine Ahnung, ich reagiere aber irgendwie vermehrt gereizt darauf……
Kreativität
Ich glaube so langsam wird auch klar, warum ich die Schulzeit und Routinen so feiere: dann weiß ich, dass ich ungestört arbeiten und kreativ sein kann. Es gibt Stundenpläne, die zu 80% halten, was sie versprechen und ich habe genügend Zeitfenster, damit ich kreativ schalten und walten kann.
Denn mit Madame Kreativität ist das so eine Sache, sie ist ein bisschen zickig und lässt sich ungern in kleine Zeitfenster pressen. Dann zieht sie sich beleidigt zurück und sagt: „Ich komme erst wieder, wenn es hier ruhiger wird!“
Jetzt aber genug Gründe aufgezählt, warum mir das so schwerfällt. Nun darf es doch wieder alltagsfeierlicher werden und wir werden uns mal auf die Lösungsmöglichkeiten konzentrieren und ein Brainstorming veranstalten, um zu gucken, was denn so hilfreich sein könnte.
Möglichkeiten für ZEIT MIT DIR ALLEIN, ob Ferien oder nicht…..
Das hängt natürlich ein bisschen vom Alter der Kinder ab, je kleiner, desto schwieriger wird es, denn es ist ja immer eine Betreuung nötig.
Werde hier kreativ, folgende Möglichkeiten fallen mir ein:
Regelmäßige Auszeiten bei deinem Lebenspartner einfordern und wenn es nur eine halbe Stunde am Abend ist. Er bekommt diese genauso (wahrscheinlich hat er sie sogar schon ;-))) und du bist jetzt auch mal an der Reihe.
Nutze den Mittagsschlaf und mache da bitte alles, was dir guttut, nur halt nicht Haushalterei und Co. Wenn dir das schwerfällt: du hast kleine Kinder und es dauert seine Zeit, bis du wieder flexibler wirst. Deine Kräfte sind das Wichtigste und du musst gut mit ihnen haushalten und sorgen, dass dir auf dem Weg nicht irgendwann die Luft ausgeht (du weißt, ich spreche da aus Erfahrung).
Gibt es eine Kinderkrippe oder andere öffentliche Betreuungsmöglichkeiten? Dann denke doch mal nach, ob du dir den Luxus erlaubst und du das an einem (Vormitt-)Tag für dich nutzt. Selbst wenn du keine Working-Mom bist: du bist es wert und du darfst dir das gönnen.
Vielleicht kannst du auch mit Freundinnen einen Kinderbetreuungstausch veranstalten: einen Vormittag betreust du, am zweiten Vormittag deine Freundin die Kinder und so bekommt jede von euch ein bisschen Freiraum.
Oma und Opa oder eine andere externe private Betreuungsperson. So sind wir damals zu unserer „Tagesmutter“ gekommen. Am Anfang hat sie mir die Mädels von zu Hause abgeholt, später direkt vom Kindergarten und noch später sind die Süßen von der Schule direkt zu ihr nach Hause gelaufen und abends wurden sie zurückgebracht. Satt, MIT gemachten Hausaufgaben.
Anfänglich habe ich in dieser Zeit meinen wöchentlichen Haushalts-Rock’n’Roll veranstaltet. Denn selbst das habe ich so sehr genossen: sauberzumachen ohne Kids zwischen den Beinen.
Als ich wieder berufstätig war, habe ich diesen Tag dann komplett gearbeitet und so einen anderen Tag komplett (job-)frei gehabt. Das war für mich persönlich eine gute Lösung.
Kinder ab 10 Jahren
Hier gelten eigentlich auch noch die Tipps von oben und zusätzlich könnt ihr langsam damit anfangen zu üben, dass sie auch mal allein bleiben können und sehr wahrscheinlich auch möchten. Nix wie los, probiert es aus und du kommst so auch für 15 Minuten (am Anfang) an die frische Luft und somit zu Zeit für dich.
Teenager
Das empfinde ich im Moment als das schwierigstes Unterfangen, wahrscheinlich deshalb, weil ich gerade mittendrin in diesem Lebensabschnitt stecke.
Denn da ist nichts mehr planbar, es kann sein, dass sie tagelang im Schwimmbad herumhängen, bei Freunden und „on Tour“ sind. Meistens allerdings nicht alle, sondern einer sitzt immer zu Hause rum und möchte das Spätstück vor dem Fernseher zelebrieren („Mama, das ist für mich soooooooo schön chillig!“)
Klare Abmachungen und Ansagen
Hier helfen nur klare Ansagen und Abmachungen: bin ich unterwegs, bitte gerne. Bin ich zu Hause und in diesen Räumen verstärkt aktiv, dann geht das mit dem Fernsehen über den Tag so ganz und gar nicht. #isso und darauf bestehe ich.
Genauso handhabe ich es mit der musikalischen Beschallung: wenn es zu laut ist, wird das geändert. Punkt.
Genauso fordere ich inzwischen liebevoll und trotzdem mit Nachdruck die Mithilfe im Haushalt ein, damit ich wenigstens einen kleinen Unterschied zur Schulzeit merke: das Badputzen und diverse andere Aufgaben werden verstärkt delegiert. DAS gefällt ihnen natürlich so gar nicht, aber seitdem sie merken, dass ich mich davon nicht abbringen lasse, funktioniert es immer besser.
Wichtig ist hier aber auch, den #druckraus zu nehmen, denn so geordnet, wie mein Monkinchen es gerne hätte, das kann ich nicht verlangen, bzw. das funktioniert nicht.
Verlegung des Arbeitsplatzes
Außerdem habe ich jetzt angefangen, über Arbeitsmöglichkeiten außerhalb nachzudenken und bin in diesen Ferien auch öfters mal unterwegs und arbeite dann von dort aus.
Auch das ist mit Teenagern dann gut möglich: so schnell verhungern sie nämlich nicht mehr ;-)))))).
Wenn du das jetzt liest und denkst: „Boah, es gibt doch nichts Schöneres als mit vielen Menschen immerzu und ständig abzuhängen!“, dann ist das völlig okay, bedenke aber, dass jeder Mensch ein bisschen anders tickt und du nicht alles von dir auf den anderen übertragen kannst.
Ich gehe ein bisschen auf dich zu, höre mir auch mal ’ne Stunde Deutschrap an, den ich sonst eher nicht präferiere und du darfst dafür auch mal netterweise ein bisschen rücksichtsvoller mit Ruhesuchenden umgehen und schon haben wir uns geeinigt und es lässt sich so gut (miteinander) leben.
Deine und meine Bedürfnisse sind wichtig und wo sie kollidieren, dürfen wir uns in der goldenen Mitte treffen.
ICH BRAUCHE VIEL ZEIT MIT MIR ALLEIN
Inzwischen gehe ich soweit zu sagen, dass ich das sogar essentiell brauche, damit es mir gut geht.
ICH BRAUCHE DAS!!!! Was da andere davon halten, mit oder ohne Verständnis ist mir: sorry, not sorry, egal.
So kam es dann auch, dass ich an einem ganz normalen (Ferien)-Mittwoch, den Speiseplan Speiseplan sein lassen habe und mir nach meinem Arzttermin eine Auszeit in einem Café gegönnt habe. Frage nicht, wie unsere Küche aussah und auch nicht, wie viele Stunden es gedauert hat bis hier der ursprüngliche Zustand von den Verursachern wiederhergestellt war. Ich war ja satt und konnte diesen Raum gut meiden……….;-)))) und meine Nerven hatten sich durch die Auszeit auch wieder ein bisschen regeneriert.
Wie sieht es bei dir aus? Brauchst du viel Gesellschaft oder viel Alleinsein, hält es sich bei dir in der Waage oder hast du diesbezüglich ein großes Defizit? Ich würde mich freuen, wenn du mir ein bisschen davon erzählst. Einige von euch haben das bei der #diefreitagsfragerei vom letzten Freitag schon getan, danke dafür.
Lass es dir gut gehen und sorge gut für dich, bis zum nächsten Wiederlesen.
Dienstagsfeierliche Grüße
Bettina
P. S. Lust auf mehr Seelensachen? Hier findest du warum du dir selbst die beste Freundin sein darfst und hier warum ein „Nein“ ein „Ja“ zu dir ist.
Liebe Bettina,
So true.
Zeit allein ist auch bei mir fast unmöglich ?
Bei zwei angehenden Pubertierchen, Job im Haus ? und mit Mann als Chef ??♀️.
Ich bin Mutter, Ehefrau, Haushälterin, Chauffeur, Nachhilfe Lehrerin … usw.
wo bitte ist meine Zeit? Und wo bitte ist mein Zimmer?
Help
Liebe Grüße
Natalie
Hallo Natalie,
okay, das ist ja dann mal wirklich harter Tobak, keine Rückzugsmöglichkeit für dich UND der Göga noch als Chef…..okay das Bedürfniss scheint groß zu sein und deshalb guck was für Möglichkeiten es gibt dich mehr abgrenzen zu können. Werde kreativ und auch wenn es erst mal unmöglich erscheint: dadurch das du es äußerst, setzt du etwas frei und der Freiraum wird sich für dich schaffen.
Bei mir hat es mit Sesselhausen begonnen und wer weiß…..vielleicht gibt’s irgendwann mal das Atelier für mich ;-))))).
Dienstagsfeierliche Grüße
Bettina
Ach ja. Heute vor 15 Jahren würde ich das erste Mal Mama und seitdem läuft mein Leben anders als zuvor. Auf Grund mangelnder Betreuungsmöglichkeit die ersten Jahre sogar extrem anders. Irgendwann als die Kids dann in Kiga und Schule kamen, wurde es wieder etwas besser mit der Me-Time. Erst dann merkte ich, dass mir vorher etwas gefehlt hat. Jetzt wo beide zu Pubertisten mutiert sind ?, wird es immer leichter mir Freiräume zu schaffen. Das ist mir auch wirklich sehr wichtig und von daher weiß ich was du meinst.
Hallo Sonja,
genauso war es bei mir ja auch und selbst jetzt ist es manchmal noch schwierig weil ja doch immer irgendetwas ist ;-)))). Aber ich merke einfach das ich nicht mehr so kompromissbereit bin und auf meine eigene Zeit bestehe. Ich wünsche dir immer genug Zeit mit dir allein.
Schönes Wochenende.
Freitagsfeierliche Grüße
Bettina
Liebe Bettina, niemand versteht dich besser als ich 🙂 ich brauche Alleinezeit und Rückzug wie die Luft zum Atmen, und wenn das nicht möglich ist, fühle ich mich fast krank und bin unausstehlich. Und das, obwohl ich keine Kinder habe, aber einen Job im Großraum Büro und mit vielen Telefonaten. Muss ich erwähnen, dass ich Telefonieren hasse ? Ich denke, Alleinezeit ist für manche Menschen ein Grundbedürfnis, und das sollte respektiert werden. Ich hatte mal einen Partner, der konnte und wollte das nicht akzeptieren, oder sich das nur ansatzweise vorstellen. Es war die Hölle,wenn er mich direkt beim Nachhausekommen von der Arbeit überfiel und Ansprache wollte. Zum Glück habe ich jetzt einen wunderbaren Mann, der mich meinen „selektiven Autismus“ leben lässt. Lass dich nicht beirren, genehmige dir deine Zeiten, denn nur so können Menschen wie wir dann auch wieder funktionieren und gerne für Andere da sein. Ermutigende Grüße Cora
Hallo Cora,
in meinem früheren Job war das ganz genauso. Ich war fast die ganze Zeit am telefonieren. Jetzt muss man mich fast zwingen einen Hörer in die Hand zu nehmen und da ist es egal ob es geschäftlich oder privat ist.
„Selektiver Autismus“ finde ich trifft es ganz gut und schön, dass du dir jetzt deine Rückzugszeiten nimmst.
Liebe Grüße
Bettina
Liebe Bettina,
ich kann Dich voll uns ganz verstehen. Wir haben zwar keine Kinder im Haus. Aber mit einer ( eigentlich lieben ) Schwiegermutter und einer nervenden Schwägerin , die 5 x am Tag kommt,
ist es nie ruhig bei uns. Als Kind musste ich viel allein sein, aber ich hatte dadurch auch sehr früh
gelernt mich selbst zu beschäftigen. Ich genieße die Zeit, wenn mein Mann noch im Garten ist oder am Fernseher ist, oder alle 14 Tage seinen Nebenjob am Wochenende hat ( obwohl der mir dann auch irgendwie fehlt) aber ich genieße die Ruhe, einfach nur ich und unsere Frieda (Katze) Ruhe…und keiner will etwas. Ausser zwei oben genannten Personen. Mich macht das sonst auch kirbblig und auch zickig, plus meine WJ dazu 🙁 Ich verstehe ich allso. Danke für diesen ehrlichen Artikel
Liebe Grüße
elke von elke.works
Hallo Elke,
das kann ich gut verstehen, dass dir das dann auch oft zuviel wird. Grenzen ziehen ist da nicht leicht, aber echt empfehlenswert. Ich werde nicht müde das meiner Familie zu sagen, wenn es mir mal wieder zu trubelig wird. Gerade bin ich (aus Versehen wohl ;-))) seit zwei Stunden allein im Haus. Ohne Radio, ohne alles nur die Stille, das tut einfach gut.
Ich freue mich, wenn wir uns bald treffen.
Liebe Grüße und schönes Wochenende.
Bettina