Heute habe ich den ersten Gastartikel des Monats Mai für dich: Clara ist Diplom-Biologin und schreibt als Medizin- und Wissenschaftsjournalistin bereits seit fast 30 Jahren regelmäßig über Frauenthemen. Auf ihrem eigenen Blog wechselleben.de hat sie sich auf die Wechseljahre spezialisiert und beleuchtet hier von allen Seiten, mit ganz viel Lebensfreude und Genuss, die Zeit unser hormonellen Umstellungsphase.
Jetzt übergebe ich an Clara und wünsche dir viel Freude beim Lesen:
Vom Wohl und Wehe der Wechseljahre (Alles neu macht nicht nur der Mai)
„O Gott, jetzt bin ich alt!“, dieser Gedanke setzte sich in meinem Hirn fest, als nicht mehr zu leugnen war, dass ich in den Wechseljahren bin. Nachts jagte eine Hitzewallung die nächste, von erholsamem Schlaf konnte ich nur noch träumen. Tagsüber fühlte ich mich wie erschlagen, war oft gereizt und mies gelaunt. Meine Periode kam nur noch unregelmäßig, manchmal monatelang gar nicht. Und dann wieder sehr heftig.
Darauf war ich nicht vorbereitet. Obwohl die Wechseljahre eigentlich alte Bekannte für mich sind – aus medizinischer Sicht. Ich arbeite seit fast 30 Jahren als Medizinjournalistin; mein Schwerpunkt ist schon seit langem die Gynäkologie. Über die Menopause und alles, was damit zu tun hat, hatte ich so viel geschrieben, dass ich mich vor negativen Begleiterscheinungen irgendwie sicher fühlte. Fehlanzeige. Es hat mich eiskalt erwischt.
Etwa ein Drittel der Frauen kommt problemlos durch die Wechseljahre, heißt es. Nun, ich gehöre nicht dazu. Der Rest leidet an mehr oder weniger starken Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gelenkschmerzen und ähnlichen unerfreulichen Dingen. Wen es trifft und wen nicht, ist zum einen genetisch bedingt. Auch meine Mutter hatte jahrelang heftige Hitzewallungen, erzählt sie mir auf mein Nachfragen. Selbst heute, mit 83, sind sie noch nicht vorbei, sagt sie. Tolle Aussichten!
Alles eine Sache der Einstellung?
Ob wir die Wechseljahre als Belastung empfinden, hängt aber auch ganz wesentlich von etwas anderem ab: von der Einstellung zum Älterwerden – sowohl von unserer persönlichen als auch von der gesellschaftlichen. Im asiatischen Raum und bei vielen indigenen Völkern, wo Frauen im Alter an Ansehen, Autorität und gesellschaftlichem Einfluss gewinnen, sind Wechseljahresbeschwerden praktisch kein Thema.
In unserem westlichen Kulturkreis hat Altwerden dagegen, besonders für Frauen, ein schlechtes Image. Jugendliches Aussehen, glatte Haut und eine mädchenhaft-schlanke Figur gelten nach wie vor als Schönheitskriterien. Sich davon freizumachen ist nicht einfach. Die Wechseljahre markieren für viele den endgültigen Abschied vom Idealbild der Jugend und den Beginn des Alters.
Auch in der Medizin fängt nach der Postmenopause das Senium an, das „Greisenalter“. Schmeichelhaft klingt das nicht. Kein Wunder, dass die meisten Frauen mit den Wechseljahren hauptsächlich Negatives verbinden.
Dabei ist der biologische Sinn der Menopause eigentlich ein positiver: Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Natur sie sich „ausgedacht“ hat, um nicht unnötige Kräfte an die Fortpflanzung zu verschwenden. Die freiwerdenden Ressourcen, so die Vermutung, sollen die Überlebenschancen der Sippe verbessern, wenn Frauen nach dem Ende der fruchtbaren Phase ihre Lebenserfahrung weitergeben und die nachfolgende Generation beim Aufziehen des Nachwuchses unterstützen. „Großmutter-Hypothese“ nennen Forscher diesen Erklärungsansatz.
Neuorientierung und Verwirklichung eines neuen Lebensplans
Okay, Oma bin ich noch nicht und meinen Lebenssinn ausschließlich in der Betreuung meiner zukünftigen Enkel sehen möchte ich auch nicht. Aber der dahinterliegende Gedanke gefällt mir: In den Wechseljahren werden Kräfte frei, die wir für unsere Neuorientierung nutzen können. Für die Verwirklichung eines neuen Lebensplans.
Die Kinder werden flügge oder sind schon aus dem Haus, die Partnerschaft muss neu definiert werden. Nach all den Jahren des Kümmerns um andere sind jetzt wir an der Reihe: Was brauchen wir, damit es uns gut geht? Woraus schöpfen wir Kraft? Welche Ziele wollen wir noch erreichen? Welches Leben passt zu uns?
Diese Fragen zu klären ist nicht einfach. Es erfordert Zeit. Muße. Und Kraft. Vielleicht brauchen wir dafür einfach ein paar Wechsel-Jahre. Vielleicht wollen uns unsere Hitzewallungen und unsere Launenhaftigkeit daran erinnern, dass sich vieles ändert – auf der physischen und auf der psychischen Ebene. Gestehen wir es uns zu, dass Körper, Geist und Seele häufiger als früher eine Pause einfordern. Um mit neuer Kraft aus dieser Umstellungsphase aufzutauchen.
Gut durch die hormonelle Umstellungsphase
Das heißt nicht, dass wir die negativen Auswirkungen des Hormonchaos klaglos ertragen müssen. Die Naturheilkunde kennt zahlreiche Möglichkeiten, die Beschwerden zu lindern.
Gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung tragen ganz viel dazu bei, dass der Körper die Umstellung besser verkraftet. Für Frauen, die übermäßig leiden, kann unter Umständen auch eine Hormontherapie – nach sorgfältigem Abwägen aller Risiken – eine Option sein. Wichtig ist aber, dass wir die Wechseljahre nicht als Krankheit ansehen, die es mit allen Mitteln zu „bekämpfen“ gilt, – und uns das auch von niemandem einreden lassen. Ich bin davon überzeugt: Je mehr wir es schaffen, die Wechseljahre mit ihren sämtlichen Begleiterscheinungen als notwendige und sinnvolle Phase des Wandels zu akzeptieren, desto weniger empfinden wir sie als Belastung.
Studien zeigen es immer wieder: Trotz aller Beschwerden und möglicher Alters-Zipperlein sind die meisten Menschen mit 50, 60 oder 70 Jahren glücklicher als noch mit 40. In der Lebensmitte gewinnt man zunehmend an Gelassenheit, lässt sich von Kleinigkeiten nicht mehr so stressen wie in jüngeren Jahren. Man wird dankbarer und zufriedener.
Zeit für einen Neuanfang
Ich habe in den Wechseljahren gelernt – oder zumindest angefangen zu lernen – mich um mich selbst zu kümmern. So habe ich neue Seiten und neue Talente an mir entdeckt, die früher keinen Platz gehabt hätten, sich zu entwickeln. Ich habe in meinem Leben aufgeräumt und mich aus Beziehungen gelöst, die mir nicht guttun. Und ich achte nicht mehr so sehr darauf, was andere über mich denken. Wichtiger ist mir, dass das, was ich mache, sage oder auch anziehe, für mich selbst ein stimmiges Bild gibt.
Ja, ich werde alt. Gott sei Dank! So kann ich das Leben noch einmal in einer ganz neuen Version genießen. Mit ü50 bin ich definitiv zu alt dafür, meine Wünsche und Ziele auf die lange Bank zu schieben. Zu alt für faule Kompromisse, bei denen meine Bedürfnisse auf der Strecke bleiben. Immer wieder Neues zu wagen und von jedem Tag meines Lebens das Beste zu erwarten – dafür bin ich hoffentlich nie zu alt.
In diesem Sinn, liebe Grüße
Clara
Liebe Clara, danke für deinen schönen zuversichtlichen Artikel. Du möchtest noch mehr von Clara lesen? Auf Instagram und natürlich auf ihrem Blog findest du viele schöne Beträge von ihr.
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Liebe Bettina,
nochmal ganz lieben Dank, dass du mir die Gelegenheit zu diesem Gastartikel gegeben hast. Es war mir eine Freude und ich bin ganz gerührt ob der netten Kommentare!
Ganz liebe Grüße
Clara
Liebe Christina,
auf uns und das Leben – lass uns darauf anstoßen (zumindest virtuell) und feiern! Ich wünsche dir ein wunderschönes Wochenende!
Ganz liebe Grüße
Clara
Liebe Bettina, liebe Clara,
was für ein schöner Artikel, der meine Meinung zu diesen Jahren des Wechsels so unterstreicht. Ich wiederhole mich, wenn ich sage, dass die Alternative zum Älterwerden kalt und dunkel ist. Natürlich sollte es gesellschaftlich da noch aufgerüttelt werden.
In vielen Bereichen freue ich mich auf und über meine Wechseljahre, denn es hört etwas auf, was mich zeitlebens immer äußerst schmerzhaft alle vier Wochen (jetzt, wie Clara sagt auch anders) besucht hat. Und obwohl ich gern und mit vollem und aus vollem Herzen eine Frau bin, habe ich es nie geschafft, diese Anzeichen wegzudenken.
Und ja, es fängt etwas Neues an, das auch eine tolle Zeit werden kann. Neorientierung, Gelassenheit…
Liebe Clara, Danke, für deine Sichtweise und auf deinem Blog schaue ich gern mal vorbei.
Alles Liebe
Nicole
Liebe Nicole,
vielen Dank für deine lieben Worte! Ich freue mich mit dir auf den Abschied von den unangenehmen Begleiterscheinungen der Fruchtbarkeit und auf den Beginn von etwas Neuem. Und natürlich freue ich mich auch, wenn dir mein Blog gefällt 😉
Ganz liebe Grüße
Clara
Liebe Clara, liebe Bettina,
was für ein schöner Artikel. Ich spüre durch die Zeilen, die Energie und Lebensfreude, und genauso möchte ich auch jeden Tag feiern und neues entdecken, denn zu alt sind wir dafür nie. Im Gegenteil, je älter ich werde, desto klarer wird mein Weg und ich erkenne immer mehr meine eigenen Bedürfnisse.
Auf uns und das Leben.
Habt einen wundervollen Tag mit „wechselhaften“ Freuden und vor allem viel Genuss und neuen Abtenteuern.
Liebe Grüße
Christina